Unsere 555 – mehr als nur eine Bundesautobahn
Mit dem Auto an der Wendelinuskapelle vorbei, über den Eicholzweg und die L 190 auf die 555. So beginnt für viele Sechtemer der tägliche Fahrtweg zur Arbeit. Dass die 555 nicht nur eine Bundesautobahn zwischen Köln und Bonn ist, dürfte weit bekannt sein. Schließlich ist sie die älteste Autobahn in Deutschland. An Werktagen nutzen heute über 80.500 Fahrzeuge den Asphalt zwischen Kölner- und Bonner Verteiler. Am Wochenende sind es nur ein paar weniger. Foto: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln.
Im Ursprung eine Arbeitsbeschaffung
Aufgrund des zunehmenden Verkehrs zwischen Köln und Bonn und der damit einhergehenden Überlastung enger Ortsdurchfahrten, gab es Ende der 1920er Jahre erste Überlegungen zum Bau einer kreuzungsfreien Schnellstraße zwischen Köln und Bonn. In Deutschland herrschte zu dieser Zeit die Massenarbeitslosigkeit als Folge der Weltwirtschaftskrise. Da kam dem damaligen Oberbürgermeister Konrad Adenauer die Idee eines neuen Großprojekts gerade recht. Schließlich suchte er ein Anschlussprojekt als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach Fertigstellung des Kölner Grüngürtels. Bei der Planung und Umsetzung der knapp 20 Kilometer langen Strecke wurde deswegen bewusst auf den Einsatz moderner Baugeräte, wie Bagger oder Förderbänder verzichtet. So konnten über 5.500 Notstandsarbeiter über drei Jahre beschäftigt werden. Die Notstandsarbeiten wurden unter Tarif entlohnt. Wer den Einsatz verweigerte, verlor Anspruch auf Unterstützung.
Wenden, Halten und Parken verboten
Mit der Eröffnung der Kraftwagenstraße 1932 verbesserte sich die Infrastruktur zwischen Köln und Bonn erheblich. Die Kraftwagenstraße hatte vier Spuren, zwei in jede Fahrtrichtung mit einer Breite von insgesamt 16 Metern. Brauchte ein Schnelldampfer noch ca. 2 Stunden über den Rhein oder ähnlich lange mit dem Auto durch die engen Ortschaften, konnte die Strecke nun in 15 Minuten zurückgelegt werden. Wenden, Halten und Parken war verboten. Die kreuzungsfreie Anschlussstelle bei Wesseling war eine absolute Sensation und war bis 1964 die einzige Ausfahrt- bzw. Einfahrtmöglichkeit zwischen den Verteilern.
In der Mundart nur Diplomatenrennbahn
Im April 1959 wurde die Landstraße L 185 in eine Autobahn überführt und ist faktisch auch erst seit dem eine offizielle Autobahn. Vielleicht lässt sich darüber streiten, ob die 555 tatsächlich die älteste Deutsche Autobahn ist. Im Volksmund galt sie seit je her als „Autobahn“.
Im Nachkriegsdeutschland nur „ Diplomatenrennbahn“
Zur Zeit der Bonner Republik gab es keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Strecke. Damit konnten die in Köln wohnansässigen Regierungsbeamten schnellstmöglich zur Arbeit gelangen. Bis 1966 wurde sie auf sechs Spuren ausgebaut. Da im Juni 1974 die systematische Nummerierung der Autobahnen in ein-, zwei- und dreistellige Zahlen für bundesweite, landesweite und regionale Verbindungen erfolgte, erhielt die Köln-Bonner eine dreistellige ungerade Nummer, die 555. Ungerade, da sie eine Nord-Süd Streckenführung hat, Ost-West Führungen erhielten gerade Zahlen.
Altes Teilstück noch erkennbar
Heute können Fahrzeuge neben den Endpunkten bequem in Bornheim, Wesseling, Godorf oder Rodenkirchen ab bzw. auffahren. Wer am Bonner Verteiler in Köln auffährt kann ein Reststück der alten Fahrbahnen zwischen beiden Fahrtrichtungen erkennen. Bis in die 1960er waren die ersten zwei Kilometer drei getrennte Fahrbahnen: Jeweils eine nur für KFZ-Verkehr nach Norden und Süden, sowie eine für alle Fahrzeuge, Fuhrwerke und Fußgänger aus und nach Godorf.
555 als künstlerischen Dialog
Im September 2008 stellte der Künstler Lutz Fritsch jeweils am Endpunkt der Strecke eine 90 Zentimeter dicke, 50 Meter hohe, rote Stele aus Stahl auf um die beiden Städte Köln und Bonn in einen künstlerischen Dialog zu bringen.