Getrommelt wie in Rio
„Eigentlich wollte ich die ja nur engagieren,“ sagt Frank Gäbler, „aber als ich hier aufgetaucht bin, um das zu besprechen, haben sie mir einfach eine Trommel in die Hand gedrückt und mich quasi dazu genötigt mitzumachen.“ Gäbler schlägt eine von vier dicken Basstrommeln – „Solo“ genannt – in der Sambagruppe Samba Bloco aus Sechtem. Foto: Michael Schulz, Quelle: Kölner Stadtanzeiger
Samba ist ein brasilianischer Rhythmus, der vor allem von Trommelgruppen gespielt wird. Er wird im brasilianischen Karneval gespielt. Der Rhythmus ist mitreißend und tanzbar, ähnlich wie zu elektronischer Musik tanzt man in Brasilien oft nächtelang ekstatisch Samba. Hierzulande wird Samba auch im Karneval gespielt, aber auch oft bei Demonstrationen oder anderen Umzügen.
Während Gäbler von seinem Einstieg in die Sambagruppe erzählt, haben seine Mitmusiker mit der Probe begonnen. Selbst durch die doppelt verglaste Tür des Kindergartens Klapperschuh ist die Musik so laut, dass man sich anstrengen muss, um sich zu unterhalten. Gäbler ist außerdem anzumerken, wie sehr ihn die Leidenschaft für Samba gepackt hat. Seit die Gruppe zu trommeln begonnen hat, steht er nicht mehr still, sein Handgelenk zuckt, als wenn er sich zurückhalten müsste, um nicht seine dicke Trommel zu schlagen.
Auf dem Polterabend seiner Tochter wurde der Auftritt von Samba Bloco eine große Überraschung, denn Gäbler hatte geheim gehalten, dass er bei der Trommelgruppe eingestiegen war. Der Trupp aus Sechtem tat so, als sei ihnen ein Musiker ausgefallen und als bräuchten sie kurzfristig Ersatz. „Ich habe mich dann angeboten und mitgespielt“, erzählt Gäbler. Für seine Tochter war es eine Überraschung, und er hatte Riesenspaß. Gäbler hatte zuvor keine Erfahrung als Trommler. Er sagt zwar, er habe ein bisschen Rhythmusgefühl, weil er eine Zeit als Tänzer aktiv gewesen sei. Aber als er vor eineinhalb Jahren eingestiegen ist, hatte er noch nie zuvor getrommelt.
Jede Trommel klingt anders und hat eine andere Aufgabe, wie die Stimmen im Chorsatz. „Meine Stimme – der Bass – ist zum Beispiel die Basis für alles andere. Und die Stimmen greifen alle ineinander. Wenn einer seinen Einsatz verpatzt, kommen die anderen auch nicht weiter“, sagt Gäbler. Allerdings sei es vor allem die Freude am Rhythmus, die ihn an der Musik fasziniere.
Später, als Gäbler mit der Gruppe probt, merkt man ihm das auch an. Außerdem mag er es, wenn die Freude, die er beim Spielen empfindet, bei Auftritten auf das Publikum überschwappt: „Das ist schon toll. Wir sind in diesem Jahr zum ersten Mal bei einem Karnevalszug in Niederkassel mitgegangen, und die Resonanz war riesig. Wir sind auch gleich gefragt worden, ob wir wiederkommen.“
Die Gruppe hat etwa zehn Auftritte im Jahr, die meisten davon bei Volksläufen, bei denen Sambagruppen oft am Wegesrand stehen, um die Läufer anzuheizen. Der Vereinsvorsitzende Gerald Derigs sagt, es könnten auch deutlich mehr Auftritte sein, die Gruppe sei aber noch zu klein. Die Stimmen sind meist knapp besetzt. „Größere Gruppen haben oft Doppelbesetzungen, die können viel besser kompensieren, wenn mal jemand ausfällt. Die Leute haben ihre Berufe, da wird es schwierig, viele Auftritte zu machen.“
„Meine Mutter wollte Samba spielen, aber die anderen Gruppen, bei denen sie gefragt hat, nehmen keine Kinder“, sagt der siebenjährige John Sgogina aus Walberberg. Er spielt seit einem halben Jahr das Agogo, eine Art Glocke. Die Musik finde er einfach schön, sagt er. Darum, Krach zu machen, gehe es ihm nicht. „Nö, das mache ich lieber zu Hause“, sagt er grinsend. Dort spielt er nämlich Schlagzeug. Für Johnwar es besonders aufregend, zu Karneval aufzutreten, denn die Gruppe ist auch in Walberberg, seinem Heimatdorf, aufgetreten. Im nächsten Jahr geht Samba Bloco vielleicht sogar beim Walberberger Zug mit.
Samba Bloco ist ein Familienunternehmen. Den Kern bildet die Familie Derigs. Vater Gerald ist Vorsitzender, seine Frau und die beiden Söhne haben ihn auf den Geschmack gebracht. „Die haben mich einfach zu ihrer alten Gruppe nach Erftstadt mitgenommen.“ Derigs älterer Sohn Danilo ist der Leiter der Gruppe, er trainiert mit den Musikern die Rhythmen und zeigt, wie es geht.
„Danilo kann die Trommeln alle spielen“, sagt Gäbler. Aber vor allem ist Danilo so etwas wie der Dirigent. Beim Samba-Trommeln gibt einer der Trommler die Anweisungen: Mit einer Pfeife macht er die anderen auf sich aufmerksam und gibt unterschiedliche Handzeichen. Das kann dann bedeuten, dass ein Solo gespielt werden soll, eine Pause gemacht oder langsamer getrommelt werden soll.